Positive Effekte durch die Reaktivierung von Bahnstrecken

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Nach einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) könnten mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland durch die Reaktivierung von Bahnstrecken an den Schienenverkehr angebunden werden – mit positiven Effekten auf Umwelt, Verkehr, Wirtschaft und Raumplanung. Aus kommunaler Sicht ist klar: gute Bahnanbindungen sorgen für attraktive Städte und Gemeinden. Damit das Streckennetz auch in der Fläche künftig aus- anstatt abgebaut wird, braucht es eine gesicherte Finanzierung für Reaktivierung und Betrieb.

Kernergebnisse der Studie

Die Wiederbelebung stillgelegter Schienenstrecken in Deutschland birgt riesiges Potenzial für die Entwicklung ländlicher Räume. In einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wurden die Effekte von Reaktivierungsvorhaben untersucht. Demnach lohnt sich die Reaktivierung stillgelegter Schienenstrecken in vielfacher Hinsicht: Sie wirkt sich beispielsweise positiv auf die Bevölkerungsentwicklung aus und führt durch attraktive Stadt-Umland-Verbindungen zu Entlastungen auf angespannten Wohnungsmärkten. Über eine Wiederbelebung alter Bahnstrecken lässt sich zudem die Verkehrs- und Umweltbelastung reduzieren. Und auch die Regionen selbst profitieren durch höhere Steuereinnahmen, sei es durch touristische Erschließung oder neue Arbeitsplätze. Mit der Wiederbelebung von Strecken kann zudem die weitere Zerschneidung der Landschaft verhindert werden. Die Auswirkungen für angrenzende Biotope und Tierlebensräume werden so minimiert. Zudem werden für die Reaktivierung von Gleisen weniger Flächen verbraucht als für den Straßen- oder Schienenneubau.

Die Studie gibt Handlungsempfehlungen, wie sich eine Reaktivierung erfolgreich realisieren lässt. So bedarf es bei der Planung und Umsetzung eines starken, kooperativen Netzwerks aus Akteuren mit politischen Entscheidungsträger:innen als Befürworter und einer guten Öffentlichkeitsarbeit. Bei der Entscheidung zur Reaktivierung von Bahnstrecken kommen nach Aussage der Autoren jedoch noch viele Aspekte zu kurz. So werden zwar die Kosten dem zu erwartenden Nutzen gegenübergestellt, jedoch werde nicht die gesamte Bandbreite positiver Effekte berücksichtigt. Wünschenswert wären detailliertere Untersuchungen von verkehrlichen, wirtschaftlichen und raumstrukturellen Aspekten ebenso wie der stärkere Einbezug der positiven Auswirkungen auf Klima und Umwelt.

Anmerkung:

Gute Bahnanbindungen sorgen für attraktive Städte und Gemeinden und stellen gerade für Berufspendler und Auszubildende eine wirkliche Alternative zum Auto dar. Hinzu kommen zweifelsfrei Standortvorteile für die Wirtschaft und den Tourismus vor Ort, was ebenfalls zum Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse beiträgt. Die Anregungen der BBSR-Studie, die Auswirkungen von Reaktivierungsvorhaben umfassender zu betrachten sind richtig. Mit der kürzlich weiterentwickelten standardisierten Bewertung wurde dieser Weg nun eingeschlagen.

Nach dem Koalitionsvertrag der Regierungskoalition sollen auch neue Strecken, insbesondere vor dem Hintergrund des Deutschlandtaktes, gebaut, ehemalige Bahnstrecken reaktiviert und Entwidmungen von Schienenstrecken vermieden werden. Für die Finanzierung kommen Mittel aus dem GVFG oder der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn in Frage. Auch die Länder stehen in der Verantwortung und müssen Reaktivierungsvorhaben stärker und vor allem schneller voranbringen. Zu beachten ist jedoch stets der Einzelfall. Denn wenn beispielsweise stillgelegte Bahntrassen nicht den heutigen Siedlungsachsen entsprechen, kann auch ein dicht getaktetes und direktes Regionalbus-System ein attraktives ÖPNV-Angebot darstellen. Die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken stellt letztlich eine besondere Herausforderung für die SPNV-Aufgabenträger dar. Denn sind Strecken erst einmal stillgelegt, wird es selbst bei gesicherter Flächenwidmung aufwendig, die notwendigen Mittel für eine Instandsetzung und Finanzierung des SPNV-Betriebs aufzubringen. Kernelement aller Reaktivierungsvorhaben ist daher eine Sicherung der Finanzierung, welche nicht zulasten anderer Bahnstrecken oder ÖPNV-Angebote in den Kommunen an anderer Stelle gehen darf.

Weitere Informationen:

Die Studie „Räumliche Effekte reaktivierter Schienenstrecken im ländlichen Raum“ ist abrufbar unter www.bbsr.bund.de.

13.10.2022